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30 day book challenge, Belsazar, Gedichte, Heinrich Heine, Komposition
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#29: Ein Gedicht, das du magst
Das finde ich ein wenig schwierig zu beantworten, weil ich zwar immer wieder mal ein Gedicht lese, dass mir sehr gut gefällt, es, und Autor, dann aber schnell wieder vergesse… generell mag ich Goethe ganz gern (Willkommen und Abschied, Erlkönig, Zauberlehrling), oder ansonsten Gedichte, die schön klingen und sich reimen, aber gleichzeitig wichtige Themen ansprechen und intensive Gefühle sehr stark und wirkungsvoll vermitteln. Oder aber auch, wenn sie einfach lustig sind. Oder mit Worten gespielt wird und sie sehr clever sind.
Aber ich nenne einfach mal das, mit dem ich mich wohl am meisten beschäftigt habe – denn ich hatte es nicht nur mal freiwillig auswendig gelernt, sondern sogar (im Rahmen eines Kurses) als Klavierstück + Stimme vertont. (Im Sinne von, ich habe etwas komponiert und die Noten geschrieben, eine tatsächliche Vertonung gibt es nicht wirklich, nur die Tonausgabe für das Klavier des Notationsprogramms.)
Belsazar
Heinrich Heine
Die Mitternacht zog näher schon;
In stiller Ruh‘ lag Babylon.
Nur oben in des Königs Schloß,
Da flackert’s, da lärmt des Königs Troß.
Dort oben in dem Königssaal
Belsazar hielt sein Königsmahl.
Die Knechte saßen in schimmernden Reihn,
Und leerten die Becher mit funkelndem Wein.
Es klirrten die Becher, es jauchzten die Knecht‘;
So klang es dem störrigen Könige recht.
Des Königs Wangen leuchten Glut;
Im Wein erwuchs ihm kecker Mut.
Und blindlings reißt der Mut ihn fort;
Und er lästert die Gottheit mit sündigem Wort.
Und er brüstet sich frech, und lästert wild;
Die Knechtenschar ihm Beifall brüllt.
Der König rief mit stolzem Blick;
Der Diener eilt und kehrt zurück.
Er trug viel gülden Gerät auf dem Haupt;
Das war aus dem Tempel Jehovas geraubt.
Und der König ergriff mit frevler Hand
Einen heiligen Becher, gefüllt bis am Rand.
Und er leert ihn hastig bis auf den Grund,
Und rufet laut mit schäumendem Mund:
»Jehova! dir künd ich auf ewig Hohn –
Ich bin der König von Babylon!«
Doch kaum das grause Wort verklang,
Dem König ward’s heimlich im Busen bang.
Das gellende Lachen verstummte zumal;
Es wurde leichenstill im Saal.
Und sieh! und sieh! an weißer Wand
Da kam’s hervor wie Menschenhand;
Und schrieb, und schrieb an weißer Wand
Buchstaben von Feuer, und schrieb und schwand.
Der König stieren Blicks da saß,
Mit schlotternden Knien und totenblaß.
Die Knechtenschar saß kalt durchgraut,
Und saß gar still, gab keinen Laut.
Die Magier kamen, doch keiner verstand
Zu deuten die Flammenschrift an der Wand.
Belsazar ward aber in selbiger Nacht
Von seinen Knechten umgebracht.